Kahneman machte uns die Markenarbeit leichter
Wie redeten wir uns den Mund fusselig, um zu erklären, warum es wichtig ist, mit Marken die Emotionen anzusprechen. Im Jahr 2011, mit dem Erscheinen von Daniel Kahnemans Bestseller «Schnelles Denken, langsames Denken», wurde es deutlich einfacher: Das leicht verständliche Buch machte klar, wie viele Entscheide reflexartig und emotional gefällt werden (müssen).
Genützt hat uns Kahneman auch in einem anderen Fall: Im Jahr 2012 wollten wir für Professor Ernst Fehr überzeugend kommunizieren, warum es sich lohnt, in Zürich in Behavioral Economics zu investieren. Fehr erzählte mir, dass ihn vier Wirtschafts-Nobelpreisträger in seinem Bestreben unterstützen würden. Ich fragte ihn: «Würden die Nobelpreisträger so weit gehen, sich vor einer Kamera für Zürich auszusprechen?» Sie waren es und Heads konnte einen Film mit Daniel Kahneman, Vernon L. Smith, James Heckmann und George A. Akerlof drehen, die sich für Zürich stark machten. Der Aufwand lohnte sich: Die UBS investierte 100 Millionen Franken in Ernst Fehrs Behavioral-Economics-Forschung und -Lehre an der Universität Zürich.
Zurück zu den Emotionen im Marken- und Kaufentscheid. Kahneman dazu 2013 in einem NZZ-Interview:
NZZ: Verhalten sich die Leute bei Kaufentscheiden nicht rational wie bisher angenommen, ist unser System der Marktwirtschaft vielleicht nicht so effizient. Führt das nicht zu Verzerrungen?
Daniel Kahneman (DK): «Wenn man ein Auto kauft, erwirbt man nicht nur einen Wagen, sondern Prestige und einen symbolischen Wert. Einige Leute sind bereit, dafür viel zu zahlen. Sie fühlen sich besser mit einem Wagen, der in ihren Augen Prestige signalisiert. Solche Güter verändern die Art, wie sie über sich selbst denken. Dafür sind sie bereit, viel zu zahlen.»
In diesem Sinn kann man auch von Nutzen sprechen?
DK: «Ja, Luxus und Prestige haben für die Konsumenten einen Nutzen. Die Leute sind bereit, dafür viel zu arbeiten.»
Dann ist es also völlig in Ordnung, wenn die Leute manchmal Entscheide nur mit ihrem schnellen Denken fällen?
DK: «Es beunruhigt mich, dass meine Leser manchmal das Gefühl haben, ich halte das schnelle Denken für etwas Schlechtes. Das ist nicht so. Ich glaube nicht, dass das Leben lebenswert wäre, wenn es kein «System 1» gäbe. Unsere Gefühle sind darin verankert, unsere Gewohnheiten, Erinnerungen, Freundschaften – das meiste, was uns ausmacht. Wir haben bloss die falsche Vorstellung dessen, wer wir sind. Wir glauben, wir seien grösstenteils überlegt, reflektiert, rational. Aber die meisten guten Dinge im Leben kommen von System 1.»
Kahneman ist am 27. März 2024 im Alter von 90 Jahren verstorben. Seine Theorien bleiben lebendig. Und wahrscheinlich werden sie noch bedeutender, weil KI im «System 2» grosse Erfolge feiert, doch mit Emotionen ihre liebe Mühe hat.