Corporate Culture

Die Sehnsucht nach dem weiten, offenen Büro.

Der Bundesrat schickt uns heute wieder ins Homeoffice. Homeoffice? Können wir inzwischen gut. Trotzdem freuen wir uns, nach der Pandemie wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Denn wir wissen um den hohen Wert des guten, alten Büros.

Ende 2018 musste Heads Corporate Branding ihre Büroräumlichkeiten überfallartig verlassen. Durch einen Umbau in einem anderen Stockwerk lagen in unseren Räumen die Asbestwerte plötzlich weit über dem Toleranzbereich. Von einem Tag auf den anderen standen wir auf der Strasse. Kurzfristig mieteten wir uns in Workspaces ein und stellten so rasch wie möglich auf Homeoffice um. Ohne es zu wissen trainierten wir so schon anfangs 2019 für die Pandemie. Den Büro-Aussetzer nutzten wir, um die Agentur etwas neu zu konzipieren: Weniger klassische Arbeitsplätze, mehr Raum für Austausch. Die Innenarchitektin Robine Reolon ergänzte das Bestehende klug durch Neues. Und unter Einbezug unseres Kunden de Sede entstand eine Atmosphäre, die einem entspannt-konzentrierten und auf Austausch ausgerichteten Arbeiten förderlich ist.

Die Freude über die neuen Austauschmöglichkeiten währte kurz; kaum war im Frühling 2020 alles fertig, zwang uns die Pandemie wieder nach Hause. Mindestens wussten wir, wie es geht. Jetzt, im Januar 2021, richten wir uns, nach Vorschrift des Bundesrates, zum dritten Mal im Heimbüro ein. «Und täglich grüsst das Murmeltier». Obwohl wir darin geübt sind, können wir kein Hohelied auf das Homeoffice singen. Wir wollen – mindestens einige Tage pro Woche – zurück ins Büro. Und dies nicht nur, weil es schön bei uns ist.

Der wichtige, spontane Austausch und Ideengewinn an der Kaffeemaschine fehlen. Das «hoch- und herunterfahren» auf dem Arbeitsweg bleibt auf der Strecke. Das verbindende, gemeinsame Mittagessen in der Agenturküche ist nicht möglich. Auch das Teilen von Projektsorgen passiert zu wenig, denn man zögert, bis man sich zu jemandem nach Hause «zoomt», nur um seine Sorgen zu teilen. Konstruktive Kritik gestaltet sich durch die Blume einfacher, als durch die Kamera. Und das gemeinsame Feiern von Erfolgen macht über den Bildschirm nur halb so glücklich.

Bruno S. Frey, Gastprofessor an der Universität Basel und Forschungsdirektor von Crema (Center for Research in Economics, Management and the Arts) brachte es in der NZZ auf den Punkt: «Persönliche Gespräche zwischen den Mitarbeitenden sind von grosser Bedeutung. Digitale Kommunikation droht den unmittelbaren Austausch zu verdrängen.» Die auch für Unternehmen wichtige Horizonterweiterung im Austausch mit Personen anderer Herkunft, anderer Ausbildung und mit anderen Interessen bleibe auf der Strecke. Gestik und Mimik könne weniger gut interpretiert werden. Es bestehe die Gefahr einer Entfremdung zwischen Angestellten und der Unternehmensleitung; die Firma würde zu einer abstrakten juristischen Einheit.

Frey verweist auch auf das Buch «Reclaiming Conversation» der Harward-Forscherin Sherry Turkle. Anhand von Hunderten von Interviews stellte sie schon im Jahr 2015 fest: Haben Sitzungsteilnehmende einen Laptop vor sich, beschäftigen sich 65 Prozent an solchen Treffen mit anderen Aufgaben und 63 Prozent verschicken gleichzeitig E-Mails. Und jüngere Mitarbeitende würden alle paar Minuten ihr Handy auf Mitteilungen prüfen. Man nennt dies dann «Multitasking». Der Wirtschaftswissenschaftler Frey muss enttäuschen: «Es gibt kein Multitasking.» Aufgeteilte Aufmerksamkeit bedeute unvollständige Information. Die Omnipräsenz der Geräte reduziert den Nutzwert des Austauschs.

Gut also, wenn das althergebrachte Büro – im Wechselspiel mit dem Homeoffice – wieder möglich wird. Damit wir unsere Sehnsucht nach dem persönlichen Austausch stillen können. Und damit eine ausgeprägte Dialogkultur und gegenseitige Inspiration das Unternehmen weiterentwickeln kann.

Die Innenarchitektin Robine Reolon (im Bild mit Agenturinhaber Ralph Hermann) hatte es nicht weit zu Heads: Nur hundert Meter von der Agentur, an der Seefeldstrasse 81 im Zürcher Seefeld, führt sie mit «Raum Reolon» auch einen schönen Design Store, mit ausgesuchten Designerstücken und Wohnaccessoires. Raum Reolon

— Ralph Hermann / 13.1.2021