Brand Communication

Yes, we’re open.

Morgen Montag öffnen die ersten Geschäfte – bald werden hoffentlich weitere folgen. Eine Wiederöffnung bietet ein ganz besonderes Momentum, das es für die Marke zu nutzen gilt – die Kunden sind jetzt dafür mehr als offen.

Vielleicht kennen Sie dies aus eigener Erfahrung: Nach den Festtagen im Dezember wollen Sie im Januar gänzlich auf Alkohol verzichten. In der ersten Februarwoche dann, falls Sie stark genug waren und den Verzicht durchhielten, bietet der erste Schluck Rotwein ein besonderes Erlebnis. Nach der «Entbehrung» kann der erste Tropfen im Gaumen zur wahren Geschmackexplosion führen – beim guten Gewissen, sich dies nun gönnen zu dürfen.

Das Ende des Lockdowns wird sich für viele Konsumenten ähnlich anfühlen. Dadurch bietet sich in der Gestaltung des Markenerlebnisses eine einmalige Chance. Wie schwierig war es doch vor dem Lockdown, bei der allgemeinen Reizüberflutung, im Ladengeschäft zu vermitteln, wofür das Unternehmen steht und welches Kundenversprechen es einzigartig macht. Nach der «Abstinenz» ist jetzt mit einer Wahrnehmungsbereitschaft zu rechnen, von der in den letzten Jahrzehnten nicht mehr auszugehen war. Kunden werden beim Schritt über die Türschwelle der Ladengeschäfte eine ganz andere Bereitschaft signalisieren: «Yes, we’re open!» Offen für besonders kundenorientierte Angebote, offen für das gebotene Markenversprechen, offen für Verführung mittels hoher Aufmerksamkeit in der persönlichen Beratung. Geschäfte, die ihr Personal darauf einstellen und die Markenkommunikation entsprechend ausrichten, werden zu den Gewinnern gehören.

Warum bin ich mir da so sicher? Für unseren Kunden AMAG führte ich letzte Woche Interviews mit Kunden, die ihr Auto zum Service oder zum Reifenwechsel in die Garage brachten – diese Leistung konnte ja auch während des Lockdowns betrieben werden. Wir wollten wissen, wie der Service im Rahmen des «Social Distancing» bei den Kunden ankommt. Die Kundenreaktionen waren unglaublich positiv. Obwohl das Prozedere auch für die Kunden etwas umständlicher ist, schätzten sie die Leistung besonders. Viel entscheidender aber: Ungefragt nahmen sich die Kunden Zeit, um zu erklären, warum sie den Service dieses Unternehmens ganz grundsätzlich schätzen und sahen den Sondereffort als Fortsetzung hoher Kundenorientierung in besonderen Zeiten. Erst im «Ausnahmezustand» nahmen sich die Kunden Zeit, ganz grundsätzliche Überlegungen zur Leistungserbringung anzustellen. Eine Leistungserbringung, die sonst – im üblichen Alltagsstress – als selbstverständlich galt.

Morgen öffnen erst die Coiffeur-, Kosmetik-, Massage- und Tattoo-Studios, die Baumärkte, Gartencenter, Blumenläden und Gärtnereien. Alle anderen haben noch etwas Zeit. Zeit, die sie unbedingt nutzen sollten, sich darauf vorzubereiten, die zurückkehrenden Kunden positiv zu überraschen und ein prägendes Markenerlebnis zu gestalten.

Die Überraschung liegt manchmal auch im Kleinen: Der 1895 gegründete Münchner Traditionsschuhmacher Ed.Meier öffnet ebenfalls morgen Montag seine Türen. Der Traditionbetrieb steht für Sorgfalt und Präzision. So wird das Unternehmen die zurückkehrende Kundschaft mit der Kommunikation der neuen «Hausordnung» erfreuen. Diese ist genauso traditionell, sorgfältig und präzise gemacht, wie die Massschuhe des Hauses.

— Ralph Hermann / 26.4.2020